Sonntag, 29. Mai 2016

Dönnhoff & Friends


Am vergangenen Freitag war es wieder so weit - Jahrgangspräsentation beim Weingut Dönnhoff. Und wie immer mit dabei die befreundeten Weingüter Dr. Heger und Künstler. Zu verkosten gab es den mit viel Vorschußlorbeeren versehenen Jahrgang 2015. Und ich wurde nicht enttäuscht.

Begonnen habe ich mit den Burgundersorten. Der Weißburgunder mit klarer und präziser Frucht, Orangennoten (86-88). Auf gleichem Niveau der vergleichsweise kraftvolle und ebenfalls präzise Grauburgunder (86-88). Noch ein Stückchen besser dann der Weißburgunder/Chardonnay "Stückfaß" mit sehr schöner, an eine Frühlingswiese erinnernder Nase, wieder Orangennoten und schönem Schmelz. Der macht wirklich Spaß (89-91). Fast ebenbürtig der Weiß/Grauburgunder "Doppelstück" mit recht ausgeprägter Nase, schöner Frucht und feinem Säurespiel (86-88+). Den Abschluß machte dann die S-Klasse. Mit ausgeprägter Nase, wieder an Orangen erinnernder Aromatik, schöner Frucht und guter Länge der Weißburgunder S (89-91). Den Grauburgunder S mit dezenter Holznote und balancierender Säure sah ich einen Wimpernschlag dahinter (86-88+). 

Als nächstes ging es mit den trockenen Rieslingen weiter. Schon der Gutsriesling ist sehr schön, mit Pfirsischnoten in der recht ausgeprägten Nase, schöner Frucht und lebhafter Säure (86-88). Der "Tonschiefer" wirkt etwas "ernsthafter" mit Pfirsisch und Kräutern in der Nase und schöner Frucht und feingliedriger Art am Gaumen (86-88+). Der Kahlenberg setzte da dann nochmal eins drauf. Schöne Nase, Kirschblüten (?, vielleicht bilde ich mir das nur ein) und Pfirsisch. Am Gaumen dann üppige Pfirsischfrucht, reife Säure, schön (89-91). So gut wie dieses Jahr hat mir der Kahlenberg bei der Jahrgangspräsentation noch nie gefallen. Das gleiche gilt für den Höllenpfad. Das ist klar GG-Qualität. In der Nase vergleichsweise zurückhaltend mit Zitrus-Pfirsischduft. Am Gaumen dann würzige, fast pfeffrige Frucht, wieder Pfirsisch (92-94). 

Mit der Bewertung der großen Gewächse tue ich mich etwas schwer, da sie noch deutlich zurückhaltender sind und in diesem Stadium verschlossener wirken als in den Vorjahren. Der Felsenberg rauchig-mineralisch, das Dellchen etwas üppiger (beide 92-94) und die Hermannshöhle sehr mineralisch, tief und mit gelbfruchtiger Aromatik (92-94+). Zum ersten Mal gab es ein Großes Gewächs aus der Brücke, das allerdings nur in der Versteigerung angeboten werden wird. In der Nase leise, eher auf der kräutrigen Seite (92-94).  
Vorne die Oberhäuser Brücke, dahinter die Oberhäuser Brücke :-)
Weiter ging es mit den fruchtsüßen Weinen. Gelbfruchtig mit dezenter Süße der leichtverständliche Riesling feinherb (83-85). Den Krötenpfuhl Kabinett zeichnet eine pikante Pfirsischfrucht aus (86-88). Im Vorjahr hatte mir der Krötenpfuhl sogar besser gefallen als der Leistenberg. Das war dieses Jahr wieder anders. Der Leistenberg ist durch eine schöne Pfirsischfrucht und reife Säure gekennzeichnet (86-88+). Das dürfte ein Klassiker werden. 

Die Spätlesen waren teilweise noch etwas von der Süße dominiert. Die Säure ist vorhanden, die Komponenten müssen aber noch zueinander finden. Das Potential ist aber eindeutig vorhanden. Die Kirschheck Spätlese zeichnet sich durch eine feine, fast floral anmutende Nase aus (89-91). Die Spätlese aus der Brücke ist aromatisch recht ähnlich, ist aber etwas nachhaltiger. Die Felsenberg Spätlese hat eine rauchig-mineralische Aromatik und eine schöne, pikante Note (89-91). Nachdem ich beide zweimal verkostet habe, habe ich dem Felsenberg den Vorzug gegeben - man kann ja schließlich nicht alle Weine kaufen. Primus inter pares bei den Spätlesen die Hermannshöhle. Vielschichtige, ausgeprägte und tiefe Nase mit floralen und gelbfruchtigen Aromen. Am Gaumen sehr saftig wirkend mit gut gepufferter Süße und sehr lang (92-94). Die gehört in jeden Keller. 

Den Abschluß bildeten zwei Auslesen mit durchaus unterschiedlichem Charakter. Pikant, intrensiv und mit tollem Säurespiel die Brücke Auslese (92-94). Auf gleichem Niveau, aber von zurückhaltenderer, eleganterer und filigranerer Art die Hermannshöhle (92-94).




Bei Dr. Heger habe ich dann noch zwei Weine probiert, den 2014er Chardonnay vom Winklerberg (schöne Frucht, dezente Holzwürze, 86-88) und einen trockenen Muskateller, ebenfalls vom Winklerberg (intensiver Muskatduft, am Gaumen mit schöner Frucht, die mich in ihrer etwas parfumierten Art durchaus etwas an Gewürztraminer erinnert, 86-88+). Den Abschluß bildeten zwei 2015er Rieslinge von Künstler. Der trockene Kabinett aus der Hölle hatte eine schöne, würzige Frucht in der Nase. Am Gaumen pikant, etwas in die Breite gehend (83-85+). Der Stielweg Alte Reben mit ausdrucksvoller Nase, etwas (nicht unangenehm) medizinal wirkend und am Gaumen ebenfalls pikant mit einer Tendenz zur Breite (86-88). 

Insgesamt wie immer eine gelungene Veranstaltung mit tollen Weinen und einer angenehmen, entspannten Atmosphäre.


Dienstag, 24. Mai 2016

InterNett

Geschichten, die das Internet schreibt. Kürzlich beschrieb jemand (und lobte) bei Facebook einen bestimmten Wein (den Herzschlag, s.u.). Er wusste aber nicht, was für eine Rebsorte das ist und fragte deshalb die Community. Auftritt der Winzer. Er stellt das klar (Cabernet Sauvignon). Es schloß sich eine Unterhaltung darüber an, wo der Wein erhältlich ist (eigentlich gar nicht, aber ein paar Flaschen gebe es noch im Weingut). Na gut, dachte ich mir, bestell mal drei Flaschen. Und da in einen Karton nun mal sechs Flaschen passen, habe ich dem Weingut freie Hand gelassen, drei weitere Flaschen hineinzupacken.


2014 Herzschlag (Cabernet Sauvignon)
Sehr dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer am Rand.
In der Nase recht ausgeprägt, geröstete Paprika, etwas Cassis.
Am Gaumen recht voluminös, weich wirkend, dunkle Früchte, wieder etwas Cassis. Trinkt sich sehr gut und unkompliziert - ein bischen Everybody's Darling.
Wirkt jetzt schon sehr rund. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Langstreckenläufer ist und würde den Wein daher eher jung trinken.
86-88, bis 2018

2015 Sauvignon blanc
Recht helles Gelb
In der Nase ausgeprägter Sortentyp, frisch, Johannisbeere, Holunderblätter, leicht grasig
Das setzt sich am Gaumen fort: Intensive Sauvignon-Frucht, frisch, macht Lust auf den nächsten Schluck.
83-85

2015 Nettswerk Chardonnay
Recht kräftiges Gelb
In der Nase recht ausgeprägt, würzig, Birne, spürbare Holznote.
Auch am Gaumen würzig, Schmelz, spürbare, aber gut eingebundene und unaufdringliche Holznote, gute Länge. Dürfte ein sehr guter Essensbegleiter sein.
86-88, bis 2018+

2015 Avantgarde Grauburgunder "Hansen"
Goldgelb.
In der Nase deutliche Holzprägung, etwas Vanille, nussig, Melone
Auch am Gaumen noch vom Holz dominiert, süßlich wirkender Schmelz, sehr nachhhaltig, generös, wirkt aber (trotz seiner 14%) nicht alkoholisch.
Dem Wein sollte man noch etwas Zeit geben um sein Potential zu zeigen.
86-88+, 2017-2020+

Freitag, 6. Mai 2016

Hinterm Horizont geht's weiter

Alvarinho (oder Spanisch Albarino) ist eine Rebsorte, die sich eher am Rand meines Horizonts bewegt. Ab und an kommt mir einer ins Glas. Im großen und ganzen habe ich die Weine als frisch, gut trinkbar, aber nicht denkwürdig in Erinnerung (wobei ich fairerweise eine Ausnahme erwähnen sollte - der 2013er Palacio de Brejoeira war im Mai 2015 richtig gut, ich gab ihm 89-91 Punkte und hätte wohl 6 Flaschen bestellt, wenn ich gewußt hätte, wo man den Wein in Deutschland bekommt).

Verleitet (verführt?) durch eine Anzeige und den Hinweis auf 94 Punkte im Wine Advovat habe ich mir nun kürzlich drei Flaschen 2015er Soalheiro bestellt. Damit bewege ich mich aber, wie eingangs erwähnt, noch innerhalb meines Horizonts. Da sich aber erstens drei Flaschen in einem Karton einsam fühlen und zweitens 75 Euro für eine kostenfreie Lieferung erforderlich waren, habe ich ein wenig im Shop gestöbert. Und fand einen restsüßen Alvarinho, mit 9% Alkohol wohl so ähnlich ausgebaut wie ein deutscher restsüßer Kabinett. Das hatte ich noch nicht (und wußte auch nicht, dass es das gibt). Also mußten auch davon drei Flaschen in die Kiste. Und heute war dann die Stunde der Wahrheit:



2015 Soalheiro Alvarinho Vinho Verde - Moncao e Melgaco
Helles bis mitteleres Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase von mittlerer Intensität, vegetabile Noten, Melone, gewisse Komplexität
Am Gaumen recht kraftvoll, leicht nussig, frisch und mit gewisser Länge. Dürfte noch einiges Entwicklungspotential haben.
Das ist - vor allem auch angesichts des Preises (10,80€) ein sehr schöner Wein. 94 Punkte kann ich aber weit und breit nicht sehen.
86-88+

2014 Soalheiro "alc. 9%" Alvarinho Docil Vinho Regional Minho
Mittleres Gelb.
In der Nase springt einen zunächst etwas Grasig-Grünes an, dass an so manchen Sauvignon erinnert. Später setzen sich dann fruchtige Noten (Stachelbeeren?) durch, die aber auch eher "grün" wirken.
Wirkt am Gaumen dann etwas eindimensional. Der Restzucker erinnert an deutschen Kabinett. Zwar wirkt die Süße, da von genügend Säure gepuffert, nicht aufdringlich, doch fehlt die für einen guten Kabinett charakteristische Intensität.
83-85