Freitag, 8. September 2017

Vorurteile

Jeder hat so seine Vorurteile. Eines meiner Vorurteile ist, daß italienische Weißweine nicht viel taugen. Damit meine ich nicht nur die unsäglichen Pinot Grigios, die einem allenthalben begegnen, sondern auch "richtige" Weissweine. Ab und an machen ich mal einen Versuch, meine Vorurteile abzubauen (zum Beispiel hier), aber so richtig gelungen ist mir das bislang nicht.

Und heute also Soave. Die drei Flaschen waren ein "Beifang" aus Neugier. Eigentlich habe ich etwas ganz anderes gesucht und auch bestellt (2015er Zieregg Sauvignon von Tement). Beim Stöbern im Shop fielen mir die Pieropans auf. Wenn Soave, dann Pieropan, soviel wusste ich. Also beschloß ich, einen weiteren Versuch des Vorurteilsabbaus zu wagen. (Und der Vollständigkeit halber für Eingeweihte: Ich habe die Flaschen bestellt, bevor der wortgewaltige Saarländer anfing, genau diese drei Weine zu propagieren. Ich habe übrigens auch etwas weniger bezahlt, als sie dort gekostet hätten.)




2016 Pieropan Soave Classico
Helles Gelb
In der Nase verhaltener, reintöniger und anfangs etwas "bonboniger" Duft. Mit der Zeit entwickelt sich eine dezente Pfirsischnote, die mit mehr Luft ausgeprägter wird.
Am Gaumen vergleichsweise neutral, mit dezenter, sauberer Frucht, auch hier Pfirsisch. Lebendige Säure, guter Trinkfluß.
Wenn wir das mal als Gutswein betrachten (was ja zumindest preislich hinkommt), dann macht der Wein dieser Kategorie alle Ehre.
86-88, bis 2018

2015 Pieropan Soave Classico "Calvarino"
Ebenfalls helles Gelb
In der Nase etwas ausgeprägter und anfangs von der Aromatik ähnlich dem ein Jahr jüngeren "Classico". Bleibt mit mehr Luft aber verhalten und entwickelt nussige Noten, aber nicht die Pfirsischfrucht des "kleineren" Weins.
Da steckt deutlich mehr Substanz hinter, dafür geht ihm das trinkanimierende etwas ab. Ausgeprägt nussig, mit mehr Luft auch dezente Fruchtnoten. Dürfte als Essensbegleiter sicher sehr gut sein und hat Potential für ein paar Jahre.
86-88+, bis 2020+  

2015 Pieropan Soave Classico "La Rocca"
In der Farbe etwas kräftiger, mittelgelb
In der Nase intensiver und tiefgründiger als der Calvarino, noch unentwickelt, nussig, mit Luft wird eine deutliche Holznote erkennbar.
Entwickelt am Gaumen ordentlich Druck, dezente Holznote, feine Extraktsüße, nachhaltig, braucht noch etwas Zeit.
89-91, bis 2018-2022+

Nachtrag: Nach zwei Tagen in der geöffneten Flasche entwickelt auch der Calvarino eine ausgprägte Pfirsischnote. Beim La Rocca hingegen dominiert nach zwei Tagen das Holz. Der einfache Classico hingegen hatte keine Chance zu zeigen, was nach zwei Tagen in ihm steckt. Die Flasche hat den ersten Abend nicht überlebt. Das ist auch eine Botschaft.

Fazit: Das sind drei sehr ordentliche Weißweine. Den "einfachen" Soave Classico finde ich dabei am überzeugendsten. Natürlich ist er weniger komplex als die beiden anderen, macht das aber durch schöne Frucht und guten Trinkfluß wett. Und übrigens: Es lohnt sich bei diesen Weinen, Preise zu vergleichen. Den "La Rocca" etwa findet man im Internet von knapp unter 20 bis knapp über 30 Euro.

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