Dienstag, 31. Januar 2017

Tri, tra, Trollinger

Noch nie hat sich ein Trollinger in unseren Keller verirrt, und es sprach wenig dafür, dass sich das ändern sollte. Und nun das. Sechs Flaschen auf einmal. Und nur, weil die Deutsche Weinentdeckungsgesellschaft den besten Trollinger aller Zeiten produzieren wollte. Um zu zeigen, was die Rebsorte kann. Gemeinsam mit dem Weingut Aldinger (das mit dem Trollinger "Sine" hier ja durchaus schon Vorarbeit geleistet hat) wurde daher aus der Lage Fellbacher Lämmler ein Trollinger produziert, dem deutlich mehr Aufmerksamkeit und Aufwand geschenkt wurde, als gemeinhin bei dieser Rebsorte üblich. Das Resultat, bescheiden "Gipfelstürmer" getauft, war dann der 2016er Wein der Weinentdeckungsgesellschaft.




2015 Aldinger "Gipfelstürmer" Fellbacher Lämmler Trollinger
Mittleres Rot, am Rand rosa-violett
In der Nase recht ausdrucksvoll, Bittermandel, Kirsche, Pflaume, florale Noten
Am Gaumen mittelgewichtig, schöne Harmonie zwischen Frucht und dezentem Gerbstoff, feiner Säureschleier, mittellang.
86-88, bis 2020

Und was ist nun davon zu halten? Der Wein ist gut, keine Frage. Er zeigt, dass man aus Trollinger mehr machen kann als das Viertele der Schwaben. Aber man muß auch einen erheblichen Aufwand dafür treiben. Und da stellt sich mir dann doch die Frage, ob dieser Aufwand nicht ein besseres Ergebnis zeitigen würde, wenn man ihn anderen Rebsorten widmen würde (Lemberger fiele mir da sofort ein, wenn wir bei Rot bleiben wollen). Insgesamt ist das ein interessantes und spannendes Experiment, an dem ich als Abonnent der Weinentdeckungsgesellschaft gerne teilnehme. Ein zukunftsweisendes Konzept dürfte es aber eher nicht sein.

Samstag, 21. Januar 2017

Dinner for One

Eigentlich ist das ja hier kein Food-Blog, aber ganz unter den Tisch fallen lassen wollte ich dieses denkwürdige Abendessen auch nicht. Und Wein gabe es natürlich auch dazu.

Bangkok am Samstagnachmittag. Mehr aus Neugier habe ich mal gegugelt, wo man in der Stadt richtig gut Essen gehen kann. Dabei bin ich hier auf das"J'aime" von Jean-Michel Lorain gestossen. Lorain ist nun nicht irgendwer, sondern der jüngste Koch, der je mit drei Sternen ausgezeichnet wurde. Da das Restaurant zudem ganz in der Nähe des Appartements ist, in dem ich ein gutes halbes Jahr gewohnt habe, kam der Nostalgieeffekt hinzu, so dass ich beschloss, dort anzurufen. Hoffnungslose Idee eigentlich - am Samstag um 18 Uhr anrufen und nach einem Tisch für den gleichen Abend fragen. Ich erwartete, dass man mich am Telefon auslachen würde. Aber nein, es gab tatsächlich einen Tisch. Also schick gemacht und mit dem Taxi ab zum Restaurant.

Das J'aime befindet sich im ersten OG des U Sathorn-Hotels, einem sehr neuen und aufwendig gestalteten Hotelkomplex.  Das Restaurant ist sehr großzügig, als Blickfang dient eine Deckenlampe in der Form eines Konzertflügels. Was mich allerdings noch mehr beeindruckt hat als das Ambiente war die Tatsache, dass der Raum leer war. Komplett leer. Kein einziger Gast, am Samstagabend um 8 Uhr. Und es sollte auch niemand mehr kommen. Ich hatte das ganze Restaurant für mich, und die Brigade hat nur für mich gekocht. Ob sie mich deswegen verflucht haben, weiß ich nicht; sie haben es sich jedenfalls nicht anmerken lassen. Später sprach ich dann kurz mit der Tochter von Jean-Michel Lorain, die das Restaurant leitet. Sie hat mir glaubwürdig versichert, dass erstens ein leeres Restaurant eine absolute Ausnahme sei und zweitens das Publikum in Bangkok ziemlich unberechenbar sei.



Nach dieser Überraschung wurde ich zu meinem Platz geleitet. Eher eine kleine Bank als ein Stuhl, mit großen Kissen auf beiden Seiten. Man könnte darin versinken. Nach kurzem Studium der Karte habe ich mich für das 7-Gang-Tasting-Menu (plus Knoblauchbrot, dazu später mehr) mit Weinbegleitung entschieden.


Der Gruß aus der Küche: Wenn ich den Kellner richtig verstanden habe war das Tofu-Essenz mit Rinder-Gelee. Gut, schönes Spiel mit den Konsistenzen der Essenz und des Gelees.



Danach die ersten beiden Gänge des Tasting-Menus, die zusammen serviert wurden. Der Thunfisch-Tatar gut, aber nicht aussergewöhnlich, das gelierte Entenkonfit spannend und intensiv. Der dazu gereichte Elsässer Riesling wirkte auf mich etwas uncharmant.


Der nächste Gang: Flußkrebs. Bereits optisch eine Augenweide, die einzelnen Komponenten harmonierten hervorragend.


Dann ein echtes Highlight: Jakobsmuscheln mit Lomo Iberico. Groß. Dazu gab es einen sehr schönen Saint Veran mit gut integriertem Holz.


Der Black Pudding ist offenbar eine Spezialität von Lorain. Da ich kein Blutwurst-Fan bin (und etwas anderes ist das ja am Ende nicht) konnte mich dieser Gang nicht so begeistern. Der dazu (und zum nächsten Gang) gereichte rote Burgunder gefiel mir gut.


Als nächstes wurde eine Art edler Coq-au-Vin gereicht, der mir sehr gut gefallen hat.


Dann, vor dem Dessert, ein weiteres Highlight. Man konnte zu dem Menu wahlweise einen sehr bescheiden mit "Knoblauchbrot" beschriebenen Gang für 200 Baht zusätzlich ordern. Wer die Gelegenheit hat: unbedingt machen. Das ist eine großartige Geschmachsmelange aus dem Knoblauchbrot und Käse.


Das Dessert war dann für meinen Geschmack nicht auf dem Niveau der besten Gänge des Menus; zum Teil zu süß. Sehr gut gefallen hat mir der dazu gereichte Muscat de Baumes de Venise.

Fazit: So ein Dinner for One ist schon ein atmosphärisches Erlebnis. Die Qualität des Menus schwankte zwischen "nur" gut und groß. Einen Guide Michelin für Thailand gibt es derzeit nicht; für mich wäre das J'aime ein Kandidat für einen Stern.